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Da Florian uns mit so viel interessanten, ausführliche Antworten zu unseren Fragen versorgt hat, entschlossen wir uns den Rest des DARK-FORTRESS-Interviews mit ihm auf online zu verlagern. Insbesondere das Thema Surrealismus und Kunst nimmt dabei eine dominante Rolle ein.

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Foto Credit: Lindy Balduk Photography

Nicht nur dem Interviewer hat es sehr viel Spaß gemacht, die einstündige NTR-Dokumentation zu Moreans Arbeit mit Klassischer Musik anzusehen. Nicht nur sein Stück `Schattenspiel` erregte im sehr offenen, liberalen Holland einiges an Aufmerksamkeit. „Eigentlich schreibe ich ja vor allem Klassik, von Solowerken bis Orchester, Elektronik und Fusionen mit so ziemlich allem ist alles dabei. Metal mache ich quasi zwischendurch. Was `Schattenspiel` abhebt, ist die Tatsache, dass es halt samt Doku live im Staatsfernsehen lief, von einer der fettesten Bühnen und Konzertserien des Landes. Ich bin nach wie vor happy mit dem Stück, aber nicht substantiell anders als mit allem anderen, was ich schreibe. In den Niederlanden konnte ich mir in der Tat immer erlauben, ich selbst zu sein, und wurde dort unglaublich aufgenommen, von total gemischtem Publikum. Man muss sich’s halt erstmal anhören, oder viel besser im Konzert anschauen, und da waren die Leute hierzulande (in NL) tatsächlich immer sehr viel offener als woanders. Wenn genug Leute damit unerwartet in Berührung kommen, sind ganz oft welche dabei die davon positiv überrascht oder komplett umgewuchtet werden. Und um die zu erreichen, ist TV halt nach wie vor eine verdammt große Plattform, und vom Impact her echt was Anderes als YouTube-Klicks. Was die musikalische `Fremdbestäubung` Außenstehender betrifft, ist das Interesse der meisten Black Metaller an anderen Genres ziemlich überschaubar, auch wenn es unter unseren Fans natürlich individuelle Ausnahmen gibt. Das ist bei den Prog-Liebhabern durchaus anders, das merken wir mit Alkaloid. Allerdings kommt es mir andersrum durchaus so vor, als hätte meine Metallerei einen positiven Effekt auf mein Profil als klassischer Komponist. Viele Komponisten meiner Generation haben ihre Wurzeln außerhalb der Klassik, aber die meisten ziehen sich vom aktiven Bühnenleben schnell zurück, wenn die Aufträge anfangen reinzuströmen. Für mich war das allerdings nie eine Option. Ich brauche den Kontakt zu Mitmusikern und Publikum, und die Bodenhaftung einer wie auch immer gelegentlichen eigenen Konzertpraxis. Meine Musik ist von sich aus schon seltsam genug, da will ich mich nicht auch noch im Elfenbeinturm des Nur-noch-Komponierens verirren müssen“, lässt uns der Musiker wissen.

Als nächstes tauchen wir tief in die Welt der surrealen Kunst ein. Musikalisch sieht er keines der DARK-FORTRESS-Stücke als davon beeinflusst. Textlich bzw. inhaltlich ist es hingegen einer Frage, wie man Surrealismus für sich definiert. „Textlich ist zwar die Perspektive auf dem letzten Album ziemlich unserer Realität enthoben, man beobachtet quasi die Welt von außerhalb des Universums, aber stilistisch würde ich das eher bei Hard Sci-Fi oder Futurismus einordnen als bei Surrealismus als Stilepoche. Surrealismus wie ich ihn begreife ist ja vor allem eine Verzerrung der Realität. DARK FORTRESS haben eher immer auf komplette Weltflucht und das Bauen eigener, alternativer Welten gesetzt, als der Realität, die man ja hinter sich lassen möchte, einen Zerrspiegel vorzuhalten“, philosophiert der Künstler. Andere seiner Werke sind durchaus von Surrealismus geprägt. „Ich habe ein kurzes, vollkommen randomes absurdes Theaterstück für die fünf Irren vom Black Pencil Ensemble namens “click Plan B” gemacht. Und einiges aus den Soundtracks der Tanzproduktionen meiner Frau ist bizarr genug um als Surrealismus durchzugehen. Einer der Noneuclid-Protosongs namens `Horror Vacui` war das Gedicht “Ein Psalm Salomos, den Weltraumfahrern zu singen” aus Dürrenmatts “Die Physiker” auf Spanisch. Ich würde zwar meine Weltsicht als irgendwie surrealistisch bezeichnen, aber ob mein Zeug das auch ist, kann ich selbst schwer beurteilen. Den Bogen, wo Herr Maier Musik mit Surrealismus in Verbindung bringt, spannt er sehr weit. „Eigentlich kann man fast alle wirklich extreme Musik auch dem (freiwilligen oder unfreiwilligen) Surrealismus zuordnen. Egal ob das Brutal Death, Crustcore, Nervecore, extremer Tech Death a la Viraemia, aber auch einiges in der zeitgenössischen Musik oder der experimentellen Elektronik ist. Kommt immer auf den Hörer an, aber auch Babymetal oder Igorrr sind für mich surrealistisch. Was mir bei diesen Expressionsformen besonders wichtig ist, ist die Lizenz, wirklich bis zum Äußersten gehen zu dürfen. Dieses Streben macht ein Werk dann auch automatisch nicht-kommerziell in meinen Augen, und diese Möglichkeit zu verlieren wäre eine Vollkatastrophe für die Kunst. Was surrealistische Kunst vereint, ist, dass sie sich normalerweise selbst nicht allzu ernst nimmt und auch immer eine gesunde Portion abgefahrenen Humors beinhaltet. Man muss nicht alles erklären. Und die zündendsten Momente gibt’s halt oft im Unerwarteten. Ich mag es, perplex dazusitzen, wenn mir jemand was zeigt was ich noch nie gesehen habe. Langeweile und Berechenbarkeit sind fürs Kreative der Teufel. Dann lieber etwas, wo man Generationen später noch rätselt was einem der Autor eigentlich sagen wollte“, findet Florian.

Der Aufhänger, dieses Interview mit Schwerpunkt Surrealismus zu führen, war der Bonus Track `Sycamore Trees` auf „Ylem“. Dabei handelt es bekanntlich um das Cover eines Songs aus dem Kosmos der großartigen Twin Peaks Serie von David Lynch. „Das habe ich als Diehard Fan der Serie spontan gebaut als wieder mal auf den letzten Drücker ein Bonustrack hermusste. Jimmy Scott’s Stimme ist einzigartig, ein großartiger Sänger. Und der Moment in „Fire Walk With Me“ wo er im roten Zimmer steht und diese unvergessliche, positiv schauderhafte Szene mit seiner Stimme veredelt, ging mir zu sehr durch Mark und Bein um nichts damit zu machen. Da hat sich diese Gelegenheit angeboten, auch wenn meine Version natürlich komplett anders klingt“, so Morean. Twin Peaks hat in den frühen 90s nicht nur das Leben des Interviewers als Teenager völlig verändert. Die Serie eröffnete vielen eine ganz neue Dimension und prägte. Die Intensität und Grenzenlosigkeit der Serie erweiterte den Horizont bzgl. Kunst, Musik und Film für viele komplett und hob Grenzen aus den Angeln. „Mir ging`s sehr ähnlich: Zuerst mit Dune, mit 13, danach mit all seinen Filmen, und relativ spät erst die Twin Peaks Serie. Lustigerweise hatte ich noch nie das Gefühl, dass mich Lynchs Werk überfordert, im Gegenteil. Seine Version von Dune finde ich nach wie vor unübertroffen, und es ärgert mich zutiefst, dass dieser Film noch immer verrissen wird, weil er “zu kompliziert” sein soll. Was für ein Bullshit. Wer die Bücher von Frank Herbert kennt, weiß um die tolle Vielschichtigkeit des Materials, und Lynch hat das genial umgesetzt mit den damaligen Mitteln. Ist halt was anderes als Roland Emmerich. Dasselbe gilt für Lynchs eigene Geschichten. Die letzte Staffel von Twin Peaks kommt mir so vor, als hätte Lynch ganz alleine das Genre Film retten wollen. Jeder einzelne Frame ist ein Kunstwerk, und ein paar Folgen der dritten Staffel sind meiner Meinung nach, dass Beste das je über die Mattscheibe flimmern durfte. Lost Highway, Mulholland Drive usw. haben auch nach vielen Jahren nichts an ihren Mysterien eingebüßt, und selbst weniger Bekanntes von Lynch wie zum Beispiel die abgefahrenen kleinen Dumbland-Cartoons, seine frühen Kurzfilme oder auch seine Zeichnungen sind allesamt große Kunst für mich. Das einzige was ich echt richtig schlecht von Lynch finde, ist sein “Gesang” auf seinem Album „Crazy Clown Time“. Aber hat auch was Beruhigendes zu hören, dass selbst der größte lebende Künstler nicht alles kann“, findet Flo. Im Film war seine Initialzündung in die Welt des Surrealismus neben David Lynch Terry Gilliam. In der Malerei selbstverständlich Salvador Dalì und Pablo Picasso. „Aber auch Angerer der Ältere, die mexikanische magische Realistin Remedios Varo oder der ur-Surrealist Hieronymus Bosch. In der Architektur Antoni Gaudí. In der Dichtung die Dadaisten wie Ernst Jandl oder Kurt Schwitters, oder die meshuggeneren Expressionisten wie Jakob van Hoddis; in der Literatur natürlich die Genregrössen Samuel Beckett und Eugène Ionesco. Aber auch spätere Generationen wie Tankred Dorst oder William Burroughs. Ich bin ein großer Freund britischer Comedy, wo man manchmal eine sehr direkte Linie von Monty Python, den Bottom / Comedy Strip Presents Leuten (vor allem Adrian Edmondson und Rik Mayall) oder Shows wie The Fast Show, The Mighty Boosh oder Little Britain ziehen kann. Auch Comedians wie Demetri Martin, Reggie Watts oder Steven Wright sind für mich absolute Großmeister des Surrealismus“, philosophiert der Komponist.

Sein Lieblingsfilm von David Lynch ist, wegen dem fantastischen Soundtrack, wenn er sich festlegen muss Lost Highway. „Andere permanente Lieblingsfilme von mir sind „Fear and Loathing in Las Vegas“, „El Día de la Bestia“ von Alex de la Iglesia (vor allem für Metaller extrem empfehlenswert!), Andrzej Żuławski’s Meisterwerk „Possessed“, Bergman’s Vargtimmen oder die frühen Peter Jackson-Filme wie „Bad Taste“, „Braindead“ oder „Meet the Feebles“. Auch eher unbekannten Filmen wie „Guy Maddin’s „Twilight of the Ice Nymphs“, Gaspar Noé’s transzendentem Jenseits-Drama „Enter the Void“, oder selbst was wie Otto Muehl’s „Back to Fucking Cambridge“ kann ich trotz manchmal offensichtlicher Mäkel durchaus einiges abgewinnen. Der krasseste Film den ich je gesehen habe ist E. Elias Merhige’s „Begotten“. Der ist so Black Metal dass mir Ondskapt oder Mayhem dagegen fast wie leichte Unterhaltung vorkommen“, resümiert der Musiker. Bzgl. Malern im Bereich Surrealismus hat er neben den frühen Einflüssen noch einen Nachschlag parat. „Ich möchte gerne auch die sehr viel weniger bekannten Werke meiner Kumpel Paul March (Phlefonyaar-Chef - gilt auch für dessen Texte und Songtitel) und Daniël van Nes hervorheben. Auch mein Spezi Charlie Fell von Lord Mantis zeichnet immer wieder Sachen von denen man sich ernsthaft fragt, wo zur Hölle das herkommt. Und als Lovecraft-Fan seit früher Jugend muss ich auch Aeron Alfrey nennen. Selbst wenn der offiziell wohl eher Horror als Surrealismus ist“, ergänzt der 50-jährige. Das MC Escher Museum in Den Haag ist ihm bekannt. Und selbst wenn man den Künstler nicht in die Surrealismus-Box packen kann, tun einige seiner Werke etwas Besonderes im Kopf des Betrachters. „Escher ist ein weiterer Großmeister. Die Präzision und gleichzeitige Schlichtheit, mit der der dir das Hirn verbiegt, ist unerreicht. Und er braucht halt nicht mal Mystik dazu, sondern reine geometrische Cleverness. Für mich sicher einer der ganz Grossen“, stimmt Magnus zu.

Natürlich kann und soll das Thema Drogen und bewusstseinserweiternde Substanzen im Zusammenhang mit dem Thema Surrealismus nicht ganz ausgespart werden. „Manche vermuten, dass sich alle Kunst aus Drogen ableitet. Aber das stimmt. Hehehe. Im Ernst, und ohne konkret werden zu können: wenn ich bestreiten würde, dass Psychedelika keine Rolle in meiner seelischen und künstlerischen Entwicklung gespielt haben, würde sich meine Nase jetzt bis ins Gemüsebeet der Nachbarn gegenüber bohren. Es sind gerade diese Substanzen, die es uns ermöglichen, alle bewussten und unbewussten Schichten unserer selbst als einen ganzheitlichen Organismus wahrzunehmen, bei dem man, wenn man nur weit genug geht, nicht mal mehr genau bestimmen kann wo man selbst aufhört und alles andere beginnt. Das Schwierige dran ist, dass ein guter Hallu-Trip immer spontan entsteht, und weder planbar noch vorhersehbar ist. Das ist für den Massenmarkt weniger geeignet als Alkohol, Kaffee, oder Koks, was einem auf Dauer halt nur die Fähigkeit nimmt, zwischen gut und beschissen zu unterscheiden, aber einem nicht offenbart wie man sich als eine Ladung Würmer fühlt, die aus den Lautsprechern gequollen kommen und grade den eigenen Körper und den Planeten drunter gleich mit aufessen. Man darf allerdings nicht den Fehler machen zu glauben, irgendein Alkaloid wie Lysergsäure würde einem quasi extern irgendwelche Visionen einbauen. Was auch immer man erlebt auf sowas war schon vorher in einem drin. Und keine Droge der Welt schützt dich vor dir selbst, wie ein gewisser Brian Warner mal treffend gesagt hat (und der muss es ja wissen). Somit war eigentlich die Hauptfunktion von allem was wir uns eingebaut haben, uns unsere eigenen unerklärlichen, manchmal schwindelerregend ausladenden psychischen Abgründe durch einen Filter zu offenbaren, der uns einerseits den angeborenen Horror davon nehmen konnte, und uns andererseits, dass alles aus einem sehr viel konstruktiveren und klarsichtigeren Blickwinkel aufgezeigt hat, als wir es im Normalzustand zu absorbieren in der Lage gewesen wären. Aber gut, am nächsten Tag wacht man dann halt unweigerlich eh wieder in seiner verpeilten Affenhülle auf und muss damit irgendwie klarkommen. Es sind da großartige Sachen dabei, aber Probleme in der steinharten Realität kann man mit Psychedelika nicht lösen“, bringt es Morean für wesensgleiche wunderbar auf den Punkt.

Der H.P. Lovecraft Kosmos kann an dieser Stelle natürlich ebenfalls nicht ausgespart werden. „Ich hatte schon immer ein Faible für Monster und Geistergeschichten, seit frühester Kindheit, und in der Jugend auch eine krasse Disposition zu metaphysischen Horror. Als ich mit 13 meine ersten HPL-Geschichten gelesen habe, war mir an dessen verdrehten Welten somit auch wenig fremd. Man kann Lovecraft kaum als wirklich guten Schriftsteller bezeichnen, dafür ist seine Schreibe einfach oft zu schlecht, zu inkonsequent, er redet den Löwenanteil jeder Geschichte um den heißen Brei, und wenn’s endlich interessant würde, hört er auf und läuft davon. Aber was die Krassheit der Welten betrifft, die er geschaffen hat, kann ihm bis heute kaum jemand das Wasser reichen. Von mir sehr geschätzte Autoren wie Tad Williams oder Stephen Donaldson brauchen tausende von Seiten, um ein- oder zweimal einen kurzen Moment zu schaffen, wo die Wirklichkeit mal ähnlich schaurig brüchig wird wie bei Lovecraft. Und warum dessen Werk auch nach der Pubertät noch relevant blieb für mich, ist, dass ich mir Einiges aus meinem eigenen Inneren was zu weit weg ist von unserer akzeptierten Wirklichkeit zumindest in Worte oder Bilder fassen konnte, weil da in New England mal ein Sonderling saß, der es auch immer wieder geschafft hat, das Unbeschreibliche zu beschreiben. Ob man jetzt Shub-Niggurath, den Grossen Grünen Arkelanfall oder das fliegende Spaghettimonster beschwört, ist für einen Atheisten wie mich im Prinzip natürlich egal. Es geht mehr um die Frequenz auf die man sich innerlich einschwingt, und da habe ich immer lieber etwas komplett Fremdartiges vor meinem inneren Auge, als eine offensichtlich anthropomorphe Projektion unserer Ängste und Sehnsüchte, wie es die Religionen im Allgemeinen tun“, lässt uns Mr. Maier wissen.

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Zuletzt konfrontierten wir ihn mit Schlagworten aus der Welt von Film, Musik und Kunst – mit völliger Freiheit was Morean dazu äußern möchte:

FILME

„ERASERHEAD“:

„Einer der besten Horrorfilme aller Zeiten, obwohl er eigentlich gar keiner ist. Ohne Geld aber mit viel Zeit vom Meister selbst gebaut, ohne viel externe Hilfe. Der Satz “We’re not even sure it’s a baby” ist vielleicht der beste Oneliner der Filmgeschichte, oder? Bevor ich endlich eine eigene Kopie bemächtigen konnte, musste ich ihn immer bei einer Kultfilm-Videothek ausleihen. Als ich ihn zum fünften Mal ausgeliehen habe, sagt der Typ hinter der Kasse zu mir, dass in seinem Videothekarenhandbuch steht, dass Leuten, die den Film mehr als fünfmal ausleihen, der Zugang verweigert werden soll wegen schweren Verdachts auf Geisteskrankheit. Wir haben beide gelacht."

„NAKED LUNCH“:

„Aaah, jaaaa! Superb, sowohl Buch als auch Film, obwohl die ja fast nichts miteinander zu tun haben. Grad für uns aus der schreibenden Zunft ist der Gedanke, eine intelligente, warzige Glibberschreibmaschine zum Orgasmus tippen zu müssen, während einem das unverschnittene Insektizid aus der Nase bröselt, an manchen Tagen der kreativen Verzweiflung ja vielleicht nicht komplett fremd. Am Buch fand ich schon das Intro unglaublich, wo er einfach nur seitenweise alles aufzählt was er sich so reinpfeift. Und dass er mal acht Jahre lang in Tanger nur in einem Hotelzimmer gesessen ist und seine Schuhe angestarrt hat. Das bietet einem beim Arbeitsamt keiner an als Option zur Lebensgestaltung.“

„SANTA SANGRE“:

„Krass, wie alle Jodorowski-Filme. Hat aber irgendwie weniger Eindruck hinterlassen bei mir als The Holy Mountain, an dem ich immer noch rumkaue ehrlich gesagt. Weil er so gut und so schlecht gleichzeitig ist…“

„EL TOPO“:

“Now you’re talking! Der lief vor x Jahren mal mitten in der Nacht im Fernsehen. Und ziemlich am Anfang ist ja diese Szene, wo er superlangsam durchs Bild reitet, und ihn die Banditen am Wegesrand minutenlang nur auslachen. Sonst passiert nichts in dem Moment. Wenn sich ein Filmemacher sowas traut, hat er bei mir immer sofort einen Stein im Brett, und ich finde El Topo nach wie vor Jodorowski’s besten und stimmigsten Film.“

„BEING JOHN MALKOVICH“:

„Hab ich vorhin explizit nicht genannt in meiner Lieblingsfilm-Aufzählung, weil ich ihn hier auch erwähnt sah. Wenn jemand behaupten würde, das sei der beste Film aller Zeiten, hätte ich dagegen exakt null Argumente. Völlig einzigartig, wieder mal dank Charlie Kaufman’s Skript, aber auch die Umsetzung ist makellos. Außerdem Puppenspiel zu Bartók, und Catherine Keener als sardonische Glücksfee. Was will man mehr.“

„SHINING“:

„Ganz Großes Kino, Buch wie Film. Und Kubrick hat mir in der Kindheit die Türe zu zeitgenössischer Klassik geöffnet, durch seinen Gebrauch von Musik von unter Anderem Ligeti und Penderecki, die zum Besten gehören was die Musikgeschichte zu bieten hat. Ich empfehle allen, die solche Filme schauen, aber nur mosern, wenn ein Klassikstück jünger als 150 Jahre ist, mal mit Kopfhörern auf die Augen zuzumachen und nur den Soundtracks zu lauschen. Weil das halt der ewige Kampf von uns Komponisten seit Generationen ist - dass auch in der Neuzeit wahnsinnig geile und zeitlose Musik entsteht. Es kann schon frustrierend sein als Eigengewächs dieses Genres, wenn der Rest der Menschheit so im verstaubten Dur-moll-Sumpf steckt, dass sie göttliche Musik nicht mal dann wahrnehmen, wenn diese sie im Kino doch genauso niedersäbelt wie die Bilder. Und nur am Rande dazu: Celtic Frost und Slayer hatten für mich zur selben Zeit genau die gleiche Funktion, nämlich mir den Schlüssel zu den bösen Tönen zu reichen.“

„BRAZIL“:

„Auch, wenn spätere Filme Gilliams wie Fear and Loathing oder 12 Monkeys vielleicht noch besser sind, ist und bleibt Brazil halt einfach ein dystopischer cineastischer Meilenstein. Und je weiter die Menschheit in ihre Zukunft stolpert, desto weniger seltsam kommt einem der Film schauderhafterweise vor. (Krassestes Beispiel für dieses Phänomen ist ja bekanntlich Idiocracy.)“

„FANTASTIC PLANET“:

Ich liebe diesen Film! Uralt wie ich, und selbst heute, wo jede Vorabendserie ihre eigenen Renderplaneten mit beiden Händen aus dem Fenster werfen kann, noch immer charmant und nicht vom Zahn der Zeit eingeholt.“

„CABINET OF DR. CALGARI”:

“Mir fällt grad auf, dass ich den tatsächlich nie gesehen habe. Skandal! Ich habe allerdings vor ein paar Jahren einen neuen Soundtrack zum 1920er Dr. Jekyll and Mr. Hyde geschrieben, für die Amsterdamer Cellobiennale. Dabei ist mir aufgefallen, dass ich dieses Films auch nach über hundertmal sehen nicht überdrüssig wurde. Der Look und die Mittel der ersten Großen Filme sind aus heutiger Sicht natürlich etwas lachhaft, aber dahinter verbirgt sich oft schon auch eine Tiefe, die man heute selbst bei der Masse an Produktionen mit der Lupe suchen muss. So ging’s mir zumindest. Aber mein absoluter Fave bei Uraltfilmen ist natürlich Freaks von 1932. Nicht nur krass, sondern auch richtig gut“


MUSIK

PORTAL:

„Uoh! Eine der besten Black-Metal-Bands. Und was für geile Clips die gemacht haben, wirklich vom Feinsten. Sehr schade, dass wir mit DF nie in Australien spielen konnten, weil mit denen zusammen hätte ich wahnsinnig gern mal was gemacht“

BLOOD INCANTATION:

„Da spüre ich eine klare Seelenverwandtschaft. Man glaubt gar nicht, wie schwer es ist, dieses rigide Betongerüst von anständigem Death Metal mit irgendwas Anderem zu mischen, ohne damit automatisch die Härte zu opfern. Es ist ein bisschen, als wollte man im Getriebe eines Schaufelradbaggers Basilikum anbauen - nicht kategorisch unmöglich, aber tricky. Ich versuch das schon seit Jahrzehnten, aber könnt Dir echt nicht sagen wie weit ich wirklich damit gekommen bin. Anyway, geile Band!“

BLUT AUS NORD:

„Gefällt mir! Recht straight musikalisch, aber hat Größe. Frankreich hat wirklich viele interessante Bands zu bieten. Kennst Du Öxxo Xööx noch? Oder öOoOoOoOoOo?”

THE GREAT OLD ONES:

 „Kannte ich noch nicht. Geiler Vibe, aber das Schlagzeug ermüdet mich irgendwann ein bisschen. Ich weiß nicht ob man Sulphur Aeon irgendwie ähnlich einordnen kann, aber auf die steh ich total.“

 

KUNST

SALVADOR DALI:

„Bin Fan seit der Kindheit. Die Versuchung des Hl. Johannes hing so über meinem Bett wie bei meinem Dad jetzt die schmelzenden Uhren im Wohnzimmer. Ragt mit Kopf und Hals aus jedweder Aufzählung raus.“

MAX ERNST:

„Ja, umwerfend. Vielleicht das was die allerbesten Metal-Plattenhüllen sein wollen, wenn sie groß sind?“

ANDRE BRETON:

“Da bin ich nur mit dem Manifest vertraut, und der exzellenten Definition deren Surrealismus: “Psychic automatism in its pure state, by which one proposes to express—verbally, by means of the written word, or in any other manner—the actual functioning of thought. Dictated by thought, in the absence of any control exercised by reason, exempt from any aesthetic or moral concern.”

LEONORA CARRINGTON:

„Da sehe ich sofort die oben erwähnte Remedios Varo, oder Annegert Fuchshuber. Wunderschön.“