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Beim Gang über den Bahnhofsplatz Richtung Posthalle fällt sogleich das große Polizeiaufgebot sowie Hubschrauber auf, die unablässig über dem Stadtzentrum kreisen. Am Durchgang zum Veranstaltungsort stehen schwerbewaffnete Bereitschaftspolizisten Spalier, so dass auch dem Konzertgänger ein zusätzliches Gefühl der Sicherheit vermittelt wird. Einem unbeschwerten Festival-Genuss steht somit nichts mehr im Wege, bereits beim Opener BLACKSLASH haben sich so einige Fans in der Posthalle eingefunden. Die fünf Jungspunde aus Donaueschingen nutzen dann auch die Gunst der Stunde, um ihren geradlinigen Heavy Metal einem größeren Publikum vorzustellen. Songmaterial wie Live-Performance überzeugen die Mehrheit der Anwesenden, so dass BLACKSLASH mehr als wohlwollende Publikumsreaktionen ernten: Den Opener-Slot als hoffnungsvoller Newcomer füllen die Baden-Württemberger auf jeden Fall sehr gut aus! Man darf gespannt sein auf die künftige Entwicklung dieses Quintetts, Potential ist auf jeden Fall vorhanden!

VULTURES VENGEANCE haben lediglich ein Demo („Rising“) sowie eine EP („Where The Time Dwelt In“) zu Buche stehen, und trotzdem vermochten es die vier Italiener, auf sich aufmerksam zu machen und beim diesjährigen Metal Assault aufzutreten. Was dann letztendlich geboten wird ist allerdings lediglich vorhersehbarer und recht biederer Heavy Metal. Die selbst bei den ersten paar Bands gut bemessene, faire Spielzeit von 45 Minuten wird an dieser Stelle nicht wirklich zur Qual, wohl aber hätte man diese Zeit auch besser verbringen bzw. einem hoffnungsvolleren Newcomer lauschen können.

Nach VULTURES VENGEANCE bleiben dann vorerst die Geier unter sich: VULTURE aus Nordrhein-Westfalen haben erst eine Veröffentlichung in ihrer Diskografie zu Buche stehen, dafür schlug das Demo „Victim Of The Blade“, welches High Roller Records vor wenigen Monaten in unzähligen Vinyl-Formaten neu auflegte, ein wie eine Bombe. Es verwundert also nicht, dass die Halle bei dem Auftritt der Jungs bereits gut gefüllt ist. Der hohe Bekanntheitsgrad rührt auch nicht ausschließlich von der Tatsache her, dass die involvierten Musiker im einschlägigen Underground aufgrund ihres Engagements bei u.a. Bulldozing Bastard, Luzifer, Quintessenz etc. ziemlich bekannt sind; auch die Songs können sich hören lassen, wird hier doch reinster, traditioneller Speed / Heavy Metal mit Anleihen am Thrash Metal dargeboten. Das was konkret dabei herauskommt ist jetzt nicht wirklich etwas Neues, werden doch beständig Erinnerungen an Großtaten früher Exodus, Slayer, Razor, Iron Angel, Dark Angel oder Agent Steel wach. Dennoch bietet das Quartett seine Musik mit einer authentisch wirkenden Inbrunst dar, die auch das Publikum überzeugt. Es bleibt spannend, inwieweit VULTURE das hohe Qualitätsniveau der Songs der oben genannten Veröffentlichung künftig werden halten können! – Livehaftig macht das Ganze jedenfalls ziemlich Bock und passt gut zu einem bierseligen Nachmittag beim Metal Assault.

Satte sechs Jahre ist es schon her, seit ANTICHRIST mit ihrem fulminanten Debüt „Forbidden World“ in der gediegenen Alt-Thrash-Szene für Begeisterung sorgten. Es ist also durchaus an der Zeit, dass die Schweden mal mit einem Nachfolgewerk um die Ecke kommen! – Doch gut Ding will ja bekanntlich Weile haben… Neue Songs stellen ANTICHRIST beim Metal Assault jedenfalls schon mal vor, allein der Funke will da anfangs noch nicht so richtig überspringen. Insbesondere ein Stück, das gänzlich im Midtempo gehalten ist vermag ziemlich zu langweilen. Auch das Stage-Acting könnte etwas agiler sein, ist das Feuer vergangener Tage mittlerweile doch einer professionell einstudierten Präsentationsweise gewichen. Der Verfasser dieser Zeilen hat bereits schon so manchem Auftritt ANTICHRISTs in kleinerem Rahmen beigewohnt, allein die Show beim Metal Assault zählt zweifelsohne nicht zu den Höhepunkten in der Karriere der Band. Definitiv ist der rohe Thrash des Quintetts generell in kleinen, versifften Clubs weitaus besser aufgehoben als auf großen Festivalbühnen. Trotzdem schaffen es die Schweden, die Kurve zu kratzen, finden sich in der zweiten Hälfte des Auftritts doch vermehrt altbekannte Stücke wieder. Insbesondere das abschließende, unvermeidliche 'Torment In Hell' vermag das Publikum dann trotzdem noch zu Begeisterungsstürmen hinzureißen.

Mit Spannung ist der Auftritt der belgischen Heavy-Legende OSTROGOTH erwartet worden: Trotz dreier feiner Platten sowie der genialen 1983er EP „Full Moon's Eyes“ ist der Truppe allerdings nie der gebührende kommerzielle Erfolg zuteil geworden. Nach Wiederbelebung der Band vor wenigen Jahren werden die Jungs seitens Anhängern der seligen 80er Jahre allerdings auf einer Welle der Sympathie getragen, und auch beim Metal Assault haben sich nicht wenige Anwesende gerade eben auf den Auftritt von OSTROGOTH gefreut. Dies kriegen die Belgier auch gleich von Beginn an zu spüren, klettert das Stimmungsbarometer doch bis zum Siedepunkt: Jeder Song wird vom Publikum abgefeiert als gebe es kein Morgen mehr, und selbst Fans, die an diesem Tag OSTROGOTH nicht zum ersten Mal sehen kriegen eine etwas ungewöhnlichere Setlist als sonst vor den Latz geknallt: Nicht umsonst kündigten die Veranstalter des Metal Assault besagten Auftritt als „Special „Ecstasy And Danger & Full Moon's Eyes“-Show“ an. Überflüssig zu erwähnen, dass an diesem Abend auf besagter früher EP und dem Debüt mit dem charakteristischen Skorpion-Cover das Hauptaugenmerk liegt. Die Belgier machen ihre Sache ziemlich gut und mausern sich zu einem Höhepunkt des Festivals. Da fällt es auch nicht wirklich ins Gewicht, dass mit Schlagzeuger Mario Pauwels eigentlich nur noch ein Gründungsmitglied von 1980 mit von der Partie ist. Der geneigte Fan bemerkt dann allerdings doch, dass OSTROGOTH anno 2017 anders klingen als auf den Platten aus den 80er Jahren: Jener etwas kauzige Touch der Vergangenheit ist halt auch in der Gegenwart, zumal mit einer komplett anderen Mannschaft, relativ schlecht reproduzierbar. Insbesondere das charismatische Gesangsorgan des ehemaligen Frontmannes Marc "Red Star" de Brauwer wird schon sehr vermisst. Dies ist in letzter Konsequenz allerdings zu vernachlässigen, legen die Belgier doch einen engagierten, guten Auftritt auf die Bretter, und das ist es schließlich was zählt!

Ganz anders gestaltet sich die besetzungstechnische Situation bei der unmittelbar darauf folgenden NWOBHM-Legende WITCHFYNDE: Bassist Pete Surgey und Sänger Luther Beltz sind bereits seit 1980 mit von der Partie, am Schlagzeug agiert mit Gra Scoresby noch ein Gründungsmitglied der bereits seit 1973 existenten Gruppe. Auch Gitarrist Montalo ist ein absolutes Urgestein und eine der Triebfedern der Formation. WITCHFYNDE spielen an dem Abend ausschließlich Klassiker, angefangen bei 'Moon Magic', 'Cloak And Dagger' bis hinüber zu 'Gettin' Heavy', der rockigen B-Seite der 1979 erschienen ersten Single. Das eher ruhig gehaltene, aber dennoch ungemein düstere 'Leaving Nadir' ist einer der Höhepunkte des coolen Sets. Spätestens beim Alltime-Klassiker 'Give 'Em Hell' steht die Posthalle Kopf und es wird mitgesungen bis der Arzt kommt. Ein einziges Stück steht dann noch auf der Rechnung und auch das geben WITCHFYNDE zum Besten: 'I'd Rather Go Wild' wird ebenfalls frenetisch abgefeiert. Einziges Manko dieses eigentlich rundum gelungenen Auftritt stellt die Tatsache dar, dass er einfach viel zu schnell wieder vorbei ist, dürfen die Herren doch lediglich eine dreiviertel Stunde auf der Bühne stehen. Definitiv ein absolutes Highlight, wenn nicht sogar der stimmungsvollste, coolste Auftritt des Festivals überhaupt! Das letzte Mal dass der Schreiberling WITCHFYNDE erleben durfte war bei der 2004er Ausgabe des „Keep It True“ und es ist ein verdammt gutes Zeichen, dass die Herren keinen Deut an Esprit und Authentizität eingebüßt haben: Genial!!!

Während bei den Briten der Sound noch annehmbar war, verliert sich die filigrane Gitarrenarbeit ARTILLERYs leider viel zu oft im undefinierbaren Brei. Dies ist sehr schade, präsentieren sich die Dänen an diesem Abend doch einmal mehr ungemein spielfreudig und sehr gut aufeinander abgestimmt. Der unzureichende Klang vor der Bühne machte zuvor bereits insbesondere denjenigen Gruppen zu schaffen, die etwas schneller zocken und wo es wichtig ist, Feinheiten herauszuhören: Den Musikern von ARTILLERY sind diese negativen Begleiterscheinungen jedoch nicht anzumerken, die Skandinavier holzen ihr melodisches Thrash-Brett ohne Rücksicht auf Verluste einfach gnadenlos runter. Als spezielles Oldschool-Set angekündigt, gibt's neben unverzichtbaren Klassikern und Standards der Marke 'By Inheritance', 'Terror Squad' oder 'Khomaniac' auch den einen oder anderen eher selten gehörten Song der ersten drei Scheiben „Fear Of Tomorrow“, „Terror Squad“ und „By Inheritance“ zu hören. Der bereits seit 2012 bei den Dänen aktive Sänger Michael Bastholm Dahl ist auch kein Unbekannter mehr, dennoch ist es interessant zu hören, wie Dahl die alten ARTILLERY-Klassiker interpretiert: Die Performance wirkt manches Mal vielleicht schon etwas zu glatt, dennoch hat der Skandinavier diese Aufgabe mit Bravour gemeistert!

Wenn ein Preis für die beste musikalische Darbietung des Festivals ausgelobt werden würde, hätten den sich sicherlich HELSTAR redlich verdient: Einfach unglaublich, was die Herren Musiker an dem Abend auf die Bühne zaubern! Eingedenk des Titels des letzten Albums „Vampiro“ kommt Sänger James Rivera mit schwarz-rotem Umhang auf die Bühne. Aber auch ohne auffällige Kleidung hätte der Frontmann auf sich aufmerksam gemacht, dafür sorgt bereits sein charismatisch-sympathisches Auftreten. Und dann noch diese Stimme: Nicht umsonst kann es sich eine Band wie HELSTAR beispielsweise leisten, als Zugabe den Judas Priest-Klassiker 'Sinner' zu covern, denn die Stimme von James steht einem Rob Halford definitiv in nichts nach! Cool auch, dass die Wahl auf eine Priest-Nummer fiel, die man nicht schon tausendmal zuvor gehört hat. Insofern bildet diese gelungene Coverversion den würdigen Abschluss eines coolen Auftritts. Dieser vermag jedoch an und für sich nicht wirklich für Überraschungen zu sorgen: Wer HELSTAR im Laufe der letzten Jahre gesehen hat, weiß was er kriegt. Großartige Neuerungen gibt’s in der Setlist, die sämtliche Schaffensphasen der Texaner berücksichtigt, kaum auszumachen. Die Amis lesen eine gelungene US Metal – Messe, die keine Wünsche offen lässt!

Die Fans sind selig und einige machen sich scheinbar auch schon auf den Heimweg, denn beim darauf folgenden Headliner NASTY SAVAGE ist dann nicht mehr ganz so viel los vor der Bühne. Dafür geht on stage die Post ab: Die Jungs aus Florida legen gleich mit alten Klassikerstücken los, was so einige Maniacs umgehend zu begeistern vermag. Während anfangs noch ein Konzert stattfindet, welches „normalen“ respektive weitläufig bekannten Mustern entspricht, werden die Pausen zwischen den Songs von Mal zu Mal länger. Dies liegt zum einen an den relativ langen Ansagen Nasty Ronnies, die von überstumpf bis ergreifend eigentlich sämtliche Gefilde menschlicher Gefühlsregungen streifen. Dass der durchgeknallte Fronter zu Einheit und Friede, Freude, Eierkuchen im Metal aufruft, ist eine Sache. Dass der Herr dann allerdings an seinen toten Daddy erinnert, wirkt angesichts der derben Show dann doch etwas befremdlich und gehört eigentlich nicht auf ein derartiges Konzert. Aber egal, Amis sind anders und Nasty Ronnie sowieso… Nachdem er mit einer langen Eisenkette die Bühnenbretter schön malträtiert hat, kommt endlich das, worauf ein Gros der Anwesenden gewartet hat: Der Sänger zerschmettert Fernseher reihenweise mit wahlweise seinem Kopf oder seinem Oberkörper, nimmt die Teile dann sachgemäß auseinander und schmeißt die Einzelteile ins Publikum. Das ist ganz unterhaltsam mitanzusehen, und auch das Publikum zeigt sich entzückt, selbst wenn Ronnie bereits mit etwas Blutverlust zu kämpfen hat. Panem et circenses…

An der Musik scheiden sich nach wie vor die Geister: Der Verfasser dieser Zeilen war noch nie wirklich großer NASTY SAVAGE-Fan und wird es auch nie mehr so richtig werden. Stücke wie das umjubelte 'XXX' sind natürlich Genre-Klassiker, keine Frage. Alles überragende Musik klingt jedoch anders und auch wenn Ronnie auf der Bühne für Unterhaltung sorgt, ist offensichtlich, dass der Herr ein allenfalls mittelprächtiger Sänger ist. Nach der künstlich ziemlich in die Länge gezogenen Show verabschieden sich die Jungs aus Florida und es geht weiter bei der Aftershow-Party, wo noch bis in die Puppen zu diversen Metal-Evergreens ausgiebig gefeiert und gesoffen wird. Erfreulich, dass trotz der widrigen Begleitumstände an dem Tag in Würzburg keine größeren Zwischenfälle mit ewig unverbesserlichen Teilnehmern der oben erwähnten Kundgebung zu verzeichnen waren: Das Sicherheitskonzept der Ordnungskräfte ist scheinbar aufgegangen. Als man die Posthalle dann verlässt, sind die Polizei-Hundertschaften dann auch bereits abgezogen. Was vom Tage übrig blieb: 150 Neonazis gegen 2.500 Teilnehmer der Gegendemonstration und eine Unmenge an Metalfans, die abseits dieser Geschehnisse friedlich guter Musik lauschten, die bangten und sich beim Headliner in Elektrotechnik für Anfänger versuchten…!