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Hell Over Hammaburg 2017

Am Freitag ist die große Halle vollgepackt mit allerlei Sachen – so nehmen sich OUR SURVIVAL DEPENDS ON US die Freiheit, mal kräftig die Weihrauchschale anzuheizen. Nur um dann mit einer Mischung aus Nebel, gedämpftem Licht und üblem Geruch ein sauberes Brett auf die Bretter zu stellen. Ganz vorne an knüppeln Schlagzeug und Bass einem die letzte unheidnische Fröhlichkeit aus dem Leib. Hintenan steht der Gesang, der nicht so recht in die Gänge kommen will und ein verlorenes Keyboard. Somit ist das Publikum erst gegen der Mitte gewillt, bei ,We Are The Children Of The Dawn‘ verhaltenen Applaus zu spenden. Es wird auch nicht mehr, je länger die Band spielt.

Dafür holen die TYGERS OF PAN TANG im Anschluss einmal komplett das Publikum zurück ins Leben oder zumindest aus dem Foyer. Aus dem Saal strömen die Heiden, herein kommen die Partywilligen. Die TYGERS OF PAN TANG liefern souverän bis routiniert bereits mit dem ersten Lied, vielleicht etwas zu abgeklärt. Großartig tobender Start mit ,Only The Brave‘, da kommt schon richtig Stimmung auf, und die Beleuchtung wird auch wieder besser. Die TYGERS stoßen mit ihren alten Songs wie ,Gangland‘, ,Love Potion #9‘ und ,Glad Rags‘ auf mehr Resonanz als mit ihren neuen Liedern – trotzdem gefällt’s.

Danach geht das Licht im Saal wieder auf Notbeleuchtung und die Amps auf 10,5, um den vier Engländern von GRAVE MIASMA den Weg zu bahnen. Und wieder tauscht die Foyerbesetzung mit der Saalbesetzung. Entweder liegt es an GRAVE MIASMA oder am fortgeschrittenen Alkoholpegel – ganz genau kann man nicht den Finger darauf legen – aber sowohl Foyer als auch die große Markthalle fangen langsam an, sich zu leeren. Ist ja auch schon spät und morgen wird’s lang. Und so bolzen GRAVE MIASMA eine Stunde und 15 Minuten im Halbdunkel ein lautes, hartes Brett zusammen und ernten am Ende verhaltenen Applaus.

Wer noch nicht genug hat, der gönnt sich noch die Metaller-Disko oder geht schnurstracks nach Haus, morgen ist ein langer bewegungsreicher Tag – denn es heißt wandern: von der einen Location zur andern.

Am Samstag stehen VULTURE auf dem Zettel. Fünf Nordrhein-Westfalener Buben, denen Platz zum aufgeregten Herumspringen auf der Bühne fehlt. VULTURE, obwohl erst eine Demo-Scheibe draußen (und das Debütalbum in der Mache), sind von vorne bis hinten energiegeladener Scheißdreck und mitten ins Gesicht, und zwar so schlimm, dass es zwei Intros braucht, um richtig loszugehen. Das Fazit des Publikums: "Lauter! Schneller! Mehr Nieten!"

Kurz nachdem VULTURE sich schweißgebadet von der Bühne verabschieden, zünden die Jungs von QRIXKUOR (liebevoll im Foyer auch "Gewürzmühle" genannt) erstmal Räucherstäbchen an und dimmen das Licht in der großen Halle. Dass die Jungs mit ihren schwarzen Outfits samt Spandex-Gesichtsschutz so noch was sehen können, erschließt sich nicht so ganz. Daher bleibt beim ganzen Schwarzgepose keine Zeit mehr für Show – man konzentriert sich auf das, was man kann: finsterer Death Metal mit Kopfnickeinlagen.

Wenn man zwischendurch Bier holen geht, kann es gut sein, dass man das MarX nur noch von draußen sieht und dann YEAR OF THE COBRA verpasst. Die Zwei-Personen-Kombo aus Seattle war sichtlich beeindruckt ob des Füllstands des MarX (und des Publikums). Obwohl Special-Interest-Doom-Metal mit sehr emotionalem und verspieltem Anspruch, so kommt alsbald Stimmung auf und bringt den kleinen Raum zum groovigen Schunkeln bei sehr melodiösem Gebasse.

Klingt es aus der Monitorbox leise: "Guys, where’s the CD?", und der Schlagzeuger fängt an, verstört drein zu blicken, dann ahnt man, was jetzt kommt: Anfang ohne Poser-Intro. Das Posen haben DARK FOREST ihrem Basser überlassen. Mit DARK FOREST gibt es schon wieder Genrewechsel: mythisch-mysteriöser Heavy-Power-Metal. Augen zugekniffen und optisch stehen IRON MAIDEN auf der Bühne, nur nicht ganz so professionell. Kommentar aus dem Publikum: "Sieht nicht so aus, als spielten die um ihr Leben – der Schlagzeuger aber um seinen Job."

Dasselbe ließe sich auch über LASER DRACUL sagen, die auf der Bühne eher unspannend daherkommen, jedoch den Bass tiefergelegt haben, damit es in Mark und Bein brummt. Leichtes Kopfwippen im Publikum macht sich zur Halbzeit dann schon bemerkbar – LASER DRACUL sind Steh-Doom, aber mit Hingabe.

Während sich die vier Doomster im MarX langsam von Lied zu Lied kämpfen, wird in der große Halle umgebaut oder besser gesagt: Licht aus, Kerzen an: SORTILEGIA grunzen zur Messe mit einer phänomenalen Lichtshow. Eine gut gefüllte Markthalle lauscht andächtig dem rohen, treibenden Black Metal der zwei Amis. Diesmal passt der Weihrauch auch. Nur hin und wieder will wohl das Effektgerät nicht so richtig, und die Gitarre klingt wie Link Wray mit Gebolze und Gegrowle.

Das Thema #1 des Samstags sind die HIGH SPIRITS, in fast allen Gesprächen rund ums Foyer und dem Raucherbereich. Man lässt sich bereits zum zweiten Mal auf dem Hell Over Hammaburg sehen, und nach SORTILEGIA haben die HIGH SPIRITS das Licht wieder angemacht. Leise hört man bereits im Publikum hin und wieder das Bandnamen gebende Lied aufgröhlen, und als Chris Black und seine Mannen sofort nach dem Erklingen der ersten Töne fünfzig Prozent aufs Ganze drauflegen, ziehen sie sofort alle in ihren Bann. Ein klein wenig Stadionatmosphäre kommt auf, als lauthals ,You Make Love Impossible‘ mitgesungen wird – Gänsehautfeeling inklusive. Doch die HIGH SPIRITS sind viel zu schnell vorüber geflattert, sind aber, dank ihres Rausschmeißers, der klare Fan-Favorite des Abends. Noch bis nach ANGEL WITCH hört man immer wieder kleine Chöre mit "High Spirits" auf den Lippen durch die Gegend irren.

Dann kommt die Chance, die Merch-Stände zu plündern und leerzukaufen und Bier zu holen. Was alle ausgiebig machen – wer sich noch nicht am Abend zuvor ein, zwei seltene Vinyls für seine Sammlung geholt hat, schlägt jetzt noch einmal zu. So stehen viele Jutebeutelträger mit Platteninhalt vorsichtig beim vorletzten oder letzten Bier und sehen sich ANGEL WITCH an. Mit einer eher mauen Performance, man möchte nicht gelangweilt sagen, schließen die Hexen ein doch sehr musikalisch gemischtes Festival ab. Das kann man sehen wie man will, doch vielleicht macht das gerade den Reiz aus, den das Hell Over Hammaburg seit nunmehr fünf Jahren seinen Anhängern bietet: am Tellerrand ist es auch laut.

 

Text und Bilder: Christian Zimmermann

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