Es ist schon ein toller “Zufall“ dass es SODOM geschafft haben, unter dem Banner „Evil Obsession“ auf den Tag genau ein Jahr später wieder im Airport Obertraubling zu gastieren. Und diesmal sogar mit noch attraktiveren Support-Bands als zuvor. Die Hütte ist nicht nur dank Eiseskälte bereits brechend voll, bevor die erste Band auf die Bühne geht. Die Merch-Preise sind bei allen Combos für heutige Zeiten fair gehalten und insbesondere HELLRIPPER haben ein paar höllisch coole Sachen am Start. Zum Beispiel den Damen-Slip oder ein Motörhead nachempfundenes Shirt Design.
Den Anfang dürfen heute die Holländer TYRANTHROPE machen. Die bodenständigen, in dieser Formation seit 2020 aktiven Musiker haben sichtlich Bock und Spaß in den Backen. Die meist kurzen, schnörkellos unter 3 Minuten auf den Punkt kommenden Kompositionen irgendwo zwischen Crossover-Thrash und Hardcore gehen schnell ins Blut. So bricht während `As God Disbelieves` langsam das Eis beim Publikum. Bei `Der Marsch Der Rattenfänger` zum Ende des Sets haben TYRANTHROPE ihre Rolle als Anheizer wirklich gut erfüllt.
Anschließend werden bei BONDED tatsächlich noch mal ein paar Schippen draufgelegt. Es war und ist bekannt, dass die Band ein paar tolle Musiker in den Reihen hat und energetische Shows abliefert. Was hier aber heute vom Opener `Watch (While The World Burns)` abgeliefert wird, hat ohne wenn und aber Headliner-Qualitäten. Und dies, obwohl die seit 2018 aktiven Thrasher zwei signifikante Line-Up Wechsel wegstecken mussten. Erst verließ Markus „Makka“ Freiwalt (Despair, Ex-Sodom/Voodoocult) 2021 die Band – dann nahm 2023 Sänger Ingo Bajonczak (Assassin) seinen Hut. Nicht nur während `Godgiven`, `Je Suis Charlie` und `The Rattle And The Snake` sind deshalb viele Augen auf den neuen hinter dem Mikrofon gerichtet. Manuel Bigus kenne Szene-Eingefleischte natürlich von seiner Zeit bei den Melodic Death-/Black-Metallern Path Of Golconda. Egal ob es an ihm liegt oder nicht: BONDED haben heute irgendwie ein paar PS mehr und gehen besonders aggressiv und brutal zu Werke, wodurch ihnen Obertraublich wirklich komplett aus der Hand frisst und die Reaktionen spätestens ab Mitte des Sets zu `Lilith (Queen Of Blood)` und `Galaxy M87` wirklich Euphorisch sind. Der Ruhepol der Ruhrpott-Posse ist und bleibt Bassist Christian „Speesy“ Giesler, dessen Performance natürlich über jeden Zweifel erhaben ist. Heimlicher zweiter Frontmann des Fünfers ist aber der gute Bernemann (Ex-Sodom). Mit welcher Leidenschaft und Spielfreude der gute zu Werke geht, lässt einem das Herz aufgehen. Davon abgesehen werden hier heute ein paar echte Sahnehäubchen-Soli von ihm abgefeuert. Das folgende `Rest In Violence` zieht dann die Oldschool- und Uptempo-Schrauben noch mal weiter an. Und siehe da – das Stück funktioniert Live auch ohne die in der Studio-Version gastierende Koryphäe Bobby „Blitz“ Ellsworth (Overkill). Der `Suit Murderer` läutet langsam das Ende des Gigs ein. Jedoch wird ohne lange Umschweife dann schnell doch noch `Into The Blackness Of A Wartime Night` hinterher geschoben. Top Vorstellung!
Dem halten des vorherigen Energielevels kommt es nun stark zugute, dass die „jungen wilden“ aus Schottland dran sind. HELLRIPPER haben sich ja in der Szene bereits den Ruf erspielt eine saugute, sautighte, saubrutale, sauaggressive und vor allem sauschnelle Live-Combo zu sein. Und der Satanische Bulldozer pflügt deshalb eben vom Opener `All Hail The Goat` mal eben Vollgas durch den Airport. Andere Bands müssten hier eine familienpackung Koks schnupfen, um nonstop so Duracell-Häschen-mäßig abzugehen. Diese Musiker haben es aber einfach im Blut und sind allesamt mit dem nötigen Charisma gesegnet, um die Crowd in ihren Bann zu ziehen. Hier ist offensichtlich, dass man HELLRIPPER in ein paar Jahren auch als Headliner auf größeren Bühnen sehen können wird. Insofern ist es keine Blasphemie, HELLRIPPER nach BONDED auf die Bühne zu schicken. Hier ist tatsächlich Augenhöhe vorhanden. Seit 2014 drei Alben, zwei EPs sowie wenn der Rezensent richtig gezählt hat fünf Splits zu veröffentlichen, als auch sehr viel Live zu spielen, zeugt von Fleiß und der zahlt sich bekanntlich aus. `Spectres Of The Blood Moon Sabbath` macht höllischen Bierdurst, was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass das folgende `From Hell` sogar noch mehr Bierdurst macht! Brauereibesitzer sollten diese angeschwärzten Speed-Metaller unbedingt für deren Feste buchen. Es hilft! Romantischer wird es dann mit `Nekroslut` und `Goat Vomit Nightmare`. Nur um mit `The Affair Of The Poisons` die erste (not-)Ballade des Abends hinterher zu schieben. Was für ein Killer-Feuerwerk! Der erst 30-jährige Mastermind James McBain ist auch heute Abend wieder ein besonderer Blickfang. Es macht Spaß ihm dabei zuzusehen wie er fies ins Mikro deibelt und dabei ultra-schnelle Killer-Riff-Salven abfeuert. Live-Drummer Max verdrischt sein Kit mit Mega-Punch und dem zweiten Klampfer-Söldner Joseph wird von der Damenwelt nachgesagt, dass er gut aussieht und toll spielt. Nach `The Hanging Tree` und `The Nuckelavee`, folgt mit `Bastard Of Hades` der große Überhit von HELLRIPPER. Und tatsächlich – nicht nur „Kill `em All“ Liebhaber flippen dabei völlig im Moshpit aus. `Headless Angels` macht den Deckel auf eine kurzweilig, bzgl. Energielevel unglaublich intensive Killer-Show. Bierdurst!
Seit sich bei SODOM das aktuelle Line-up etabliert bzw. eingepegelt hat, erleben die Teutonen-Thrasher so etwas wie deren dritten Frühling. Nicht, dass die Gelsenkirchener irgendwie mal weg gewesen oder eine wirklich schlechte Phase gehabt hätte. Aber in den letzten Jahren ist der ursprüngliche Spirit von SODOM – diese Kumpels die auf der Bühne stehen und möglichst fies abrotzen wollen, die Essenz der besten Album-Phase der Band gerade Live wieder mehr spürbar. Das Konzert wird mit dem unglaublich geilen `Shellfire Defense` von „Better Of Dead“ originell eingeläutet. Danach folgt ohne Umschweife die Granate `Get What You Deserve`, welche ultra-fies performt wird. Klampfer Yorck geniest sichtlich besonders, dieses Stück darzubieten und lässt sich auch von kurzen Soundproblemen nicht aus der Ruhe bringen. Nach einer kurzen, gewohnt charmenten Begrüßungs-Ansage von Obercharismatiker Onkel Tom, folgt gleich das Doppelpack `Exhibition Bout´ und `City Of God`. Wohin das Auge blickt, ist mitgröhlen, pogen, Headbangen und moshen angesagt. Die Gelsenkirchener fahren den gewohnten Triumphzug während der Darbietung der Klassiker `Agent Orange`, `Nuclear Winter` sowie `Blasphemer` erwartungsgemäßig voll und ganz ein. Es war ein großer Gewinn für SODOM, Ausnahme-Gitarrist Frank Blackfire zurück in die Band zu holen. Neben seiner gewinnbringenden Bühnen-Ausstrahlung, verziert er jeden Track latent mit feinen Leads, Soli und Feinheiten. Und dies mit einer Menge Motivation und Herzblut in den Backen. So muss das sein! Drummer Toni muss man das Kompliment machen, ideal zwischen Punch nach vorne und notwendigem Technischen Können zu balancieren. Was manchen mit Makka bei Sodom „zu technisch“ und mit Bobby „zu vereinfacht“ war, performt Mr. Merkel idealst songdienlich. Vor allem werden Schmankerl wie das dem verstorbenen Gitarrist Strahli gewidmete `Peacemakers Law` nun wieder in der idealen Live-Geschwindigkeit dargeboten. Nach einer kurzen Verschnaufpause wird von der „Nummer Sicher“ Show abgewichen und Überraschung des Abends aufgefahren. Zu Ehren der Wiederveröffentlichung von „Tapping The Vein“, machen Blackfire und Mr. Segatz mal eben Pause, damit sich Ex-Gitarrist Andy Brings die Ehre geben kann. Dieser kümmerte sich nicht nur ums Remastering des Albums, sondern shreddet mal sofort mit `Body Parts` und `Skinned Alive` los als gäbe es kein Morgen. Ultra-brutal und fies – da kippen gleich mal ein paar Kinnladen nach unten. Und Mr. Angelripper und Brings harmonieren auch auf der Bühne sehr gut – großes Kino. Statt einem kurzes Gastspiel, wird nach dem groovigen `One Step Over The Line` sogar noch das geniale `The Crippler` zum Besten gegeben. Dabei erreicht der Moshpit den größten Höhepunkt des heutigen Abends. Obertraubling dreht völlig am Rad! Damit der Spaß nicht zu kurz kommt, darf natürlich auch das obligatorische `Der Wachturm` nicht fehlen. Danach sieht man nicht nur den guten Andy dankbar dauergrinsen. Die Live-Besetzung wechselt zurück zum Ursprung und führt mit `Conqueror` wieder das reguläre Set fort. Nach `Tired And Red` sowie `Outbreak Of Evil`, gibt es den Klassiker `Ausgebombt` in Deutscher Version incl. Nationalhymne auf der Klampfe zu hören. Nice! Und selbstverständlich kann keine SODOM-Show ohne `Remember The Fallen` und `Bombenhagel` enden. Während das `Steigerlied` vom Band ertönt, sind sich alle anwesenden einig, dass diese Band in der Form ihres Lebens ist und so hoffentlich noch ein paar Jahre weitermachen kann. Da freut man sich umso mehr auf die noch in 2025 erscheinende neue Platte.
Text: Markus Wiesmüller
Fotos: Danny “Trabi“ Jakesch